USA, Washington State – Goat Rocks Wilderness

Aug 11, 2023

Yippie-ya-yeah, Schweinebacke! Nach unserem Fenster-Desaster und dem darauf folgenden Gewitter in der Mt. Jefferson Wilderness haben wir uns dazu entschlossen, einen weiteren Trip zu starten. Kann ja nicht angehen, dass wir soviel Pech haben! Pech hin oder her, ich hab bzw. hatte dennoch meinen Spaß, und das ist ja die Hauptsache. On Top hat mir der Trip in die erste Wilderness immerhin einiges gelehrt! Ich kenn mein Equipment nun besser. Kann besser einschätzen, wie viel ich auf solchen Hikes tragen kann. Und weiß, welche Items mir noch fehlen in meinem Inventory!

Also erstmal ab zu Next Adventures, dem besten Laden in Portland, wenn es um Sachen Backpacking / Hiking Gear geht! Wer meinen früheren Post bezüglich meiner Ausrüstung noch nicht kennt: Schaut mal in den Blog-Posts weiter unten, da ist alles aufgelistet. Und das kann ich nun ergänzen:

  • Daunenweste für schlappe 8 Dollar
  • Zipline, die mir Palmer gegeben hat
  • Eine neue Headlamp, damit ich auch nachts durch die Gegend navigieren kann
  • Eine Mütze
  • Handschuhe
  • Ein leichter, schnell trocknender Hoodie
  • Ein Flanell Hemd, um meine Kleidung wenn es kälter wird um ein Layer zu ergänzen
  • Ein aufblasbares Kopfkissen
  • Ein Regenschutz für meinen Rucksack
  • Ein Mosquito-Netz für über den Kopf

Ich hab noch ein paar Dinge auf der Liste, die ich mir gern holen möchte, denn eins steht fest: Ich hab jetzt richtig Bock auf Hiken / Backpacken bekommen. Und in Ecuador bin ich auf über 3500 – 4000 Metern unterwegs, da kann ich ein wenig wärmere Kleidung gut gebrauchen.

Ok, Equipment ist ergänzt, dann kann’s ja losgehen! Mit dem 4Runner von Palmer gehts erstmal 2 Stunden nach Nordosten, bis wir schließlich die „Straße“ zum Trailhead finden. Die besagte Straße ist ziemlich räudig und wir fahren nochmal 1 Stunde mit Allrad durchs Nichts. Mir kommt die Gegend noch abgelegener vor als der Trail in Oregon. Als wir dann allerdings den Parkplatz erreichen, stehen da bereits mindestens 20-30 Autos oO. Ok vielleicht hab ich mich ja getäuscht. Palmer hat schon erwähnt, dass Goat Rocks ein extrem beliebtes Hiking Ziel ist. Muss also einiges hergeben. Ich bin gespannt. Rucksäcke auf und los gehts!

Der Trail zieht sich ca. 2 Stunden durch echt schöne und wilde Wälder, wie ich sie so noch nie gesehen habe. Ich denk mir mal wieder: Hier sind die Bären am Start! Aber wie immer haben wir natürlich keinen zu Gesicht bekommen. Der Weg fängt langsam an anzusteigen, und endlich komm ich mal so richtig ins Schwitzen! Mit dem ganze Gear auf dem Rücken gute 1 1/2 Stunden bergauf zu gehen, haut dann doch irgendwann rein. Zumal es anfängt, richtig steil zu werden. Glücklicherweise ist es Dienstag, und somit treffen wir nur auf begrenzt viele Backpacker. Die meisten kommen uns entgegen und sind somit auf dem Weg nach draußen. Basst mir guad nei. Ich bin ja schließlich nicht am Arsch der Welt, um Menschenmassen wie in den Alpen am Start zu haben. Dennoch schließen Palmer und ich eine Wette ab: Ich wette auf ein Package Bier, dass wir Deutsche treffen. Wie immer trololol.

Es geht immer weiter nach oben, und der dichte Wald fängt an, immer lichter zu werden. Ab und zu kann ich durch die Bäume in der Entfernung Mt. Adams mit seinen ca. 12000 Fuß sehen. Das sind zwar nur 3700 Meter, aber durch den Gletscher und die Masse des Berges hinterlässt er einen epischen Eindruck. Immer wieder sieht man im Wald Camp-Sites und Leute, die bereits ihr Zelt aufgebaut haben. Als wir den PCT (Pacific Crest Trail) betreten, bekommen wir plötzlich Besuch. Zwischen den Felsen vor uns tauchen zwei Murmeltiere auf! Die pfeifen einmal kräftig, um deren Kollegen mitzuteilen, dass zwei potentielle Feinde in ihr Revier eingedrungen sind und machen sich dann auf und davon! Awesome, wenn schon keine Bären, dann wenigstens Murmeltiere! Hab ich auch noch nie live gesehen, und die sind super putzig. Und dann plötzlich öffnet sich der Wald und wir betreten das „Cispus Basin“ auf knapp 2000 Metern. Und jetzt versteh ich auch warum die Gegend so viele Leute anzieht und manche von Kanada oder Californien anreisen. Mal abgesehen davon, dass mich die Umgebung sehr an die Alpen erinnert, ist die Aussicht unfassbar episch. In der Entfernung sieht man den Pacific Crest Trail, wie er sich durch das Basin schlängelt. Die Bergspitzen vor mir erinnern ein wenig an die Zugspitze.

Wir laufen nochmal eine gute halbe Stunde weiter und suchen nach einem möglichst epischen Spot, um unser Camp aufzuschlagen. Auf dem Teil des Trails, der sich mit dem PCT überschneidet, treffen wir immer wieder auf Leute, die uns entgegen kommen. Und dann wittere ich das Bier! Hab ich da etwa gerade jemanden Deutsch sprechen gehört? Ich dreh mich schlagartig um und ruf den dem Pärchen fragend hinterher, wo sie herkommen. Bingo! Dresden. Leck mich am Arsch. Wozu bin ich eigentlich in der „Wilderness“. Wir kommen mit den beiden ins Gespräch, und sie erzählen uns, dass sie bereits seit April diesen Jahres auf dem Pacific Crest Trail unterwegs sind. Jetzt haben sie noch einen guten Monat vor sich, dann haben sie es geschafft! Wir wünschen den beiden viel Glück und machen uns wieder auf den Weg. Immerhin schuldet mir Palmer jetzt ein Bier. Danke an den Dresdner lol.

Weiter gehts mit weirden Begegnungen. Als wir endlich unser Zelt aufschlagen wollen, kommt erstmal eine Frau an, die uns andreht dass wir hier nicht campen dürfen. Bitte was? Palmer und ich sind überzeugt: Das ist Bullshit und nur ein Vorwand, damit die ihre Ruhe hat und alleine an dem epischen Spot campieren kann. Solche elendigen Leute findet man doch überall auf der Welt. Aber gut, die strahlt extreme Awkwardness aus, daher packen wir wieder zusammen und ziehen weiter.

Palmer war vor 12 Jahren schonmal hier und schlägt vor, dass wir nochmal ein wenig Energie zusammen nehmen und einen recht steilen Abhang abseits des Trails hochklettern. Denn da oben ist die Aussieht überragend, und wir bleiben hoffentlich von weiteren Deutschen, als auch weirden Leuten, verschont.

Als wir nach dem ziemlich anstrengenden Aufstieg endlich oben ankommen, verschlägt es mir regelrecht die Sprache. Die Aussicht ist der absolute Hammer, und der Spot ist mit Abstand der Epischste, an dem ich je gecamped habe! Mt. Adams ragt direkt vor uns über den Bergen hinaus, und wie Palmer richtig vermutet hat: Hier oben ist weit und breit keine Menschenseele! Wir schlagen unsere Zelte auf und genießen den Sonnenuntergang, bis dann schlussendlich die Sterne hervorkommen, und ich den Sternenhimmel samt Milchstraße, in voller Pracht genießen kann.

Wir sind jetzt fast auf 3000 Metern Höhe und die Nacht ist milde und verläuft ohne große Vorkommnisse. Als wir am nächsten Tag aus den Zelten kriechen, überrascht uns allerdings eine Schlecht-Wetter-Front, und ich hab einen Flashbacks an die Mt. Jefferson Wilderness. Nicht schon wieder….auf dem Bild (siehe oben) wo Palmer mit seinem epischen Gandalf-Stick in die Ferne blickt, sieht man unser Camp, das sich unter ihm auf dem Kiesplateau befindet. Dezent offen und falls uns wieder ein Gewitter trifft, sollten wir schleunigst verschwinden.

Wir entscheiden uns nach dem Frühstück aber erstmal für eine kleine Klettertour auf die Bergspitze. Im Idealfall können wir auf die Art das auf uns zusteuernde Wetter besser einschätzen. Denn leider sind wir von einem Halbkreis von Bergen umgeben, die uns den Blick nach Westen verwehren. Auf dem Weg nach oben treffen wir abermals auf eine Gruppe Murmeltiere, die sich schleunigst davon machen, als sie uns erblicken. An der Spitze angekommen, hauts uns den Wind um die Ohren, aber die Aussieht ist absolut awesome.

So ich spreng hier mal wieder meinen eigenen Rahmen bzgl. der Länge des Blogposts. Aber das war ein durch und durch episches Wochenende, das ich hier in vollem Ausmaß festhalten möchte 🙂 Wir haben uns schlussendlich dazu entschieden, unser Lager nicht abzubrechen und das schlechte Wetter zu ertragen. Heißt: Ich lag mal wieder die Hälfte des Tages im Zelt und hab mich meinem neuen Buch: Into thin air gewidmet – einer Expedition auf den Mt. Everest die leider kläglich gescheitert ist. Als wir am nächsten Tag um 6 Uhr aufgewacht sind, wurden wir dafür erneut mit einer absolut überragenden Aussicht belohnt und das Wetter hat der ganzen Sache eine gewisse Dramaturgie verliehen.