USA, Culture Revolution in Seattle

Jul 28, 2023

Und mal wieder sitze ich in meinem Hostel in Seattle, umgeben von Deutschen. Langweilt mich ganz schön. Aber daran werd ich mich wohl gewöhnen müssen haha. Immerhin ist mein neuer Zimmergenosse ein gechillter Typ! Hab leider seinen Namen vergessen, aber der Bro ist 66 Jahre alt und ist von Portland extra nach Seattle gekommen, um sich ein Original-Poster von seinem Lieblingskünstler auf dieser Art-Fair rauszulassen. Für stolze 1.250 Dollar. Ich finds bemerkenswert, dass er mit 66 noch in Dorms übernachtet. Aber der ist frisch im Kopf, super sympathisch, schnarcht nicht und scheint eine gute Portion Bock am Start zu haben. Als ich ihm dann angedreht habe, dass ich kostenlos als VIP auf die Kunstausstellung darf war er echt neidisch, denn die Tickets kosten sonst über 60 Dollar. Am Ende hat er es dann irgendwie geschafft, sich umsonst reinzumogeln.

Achja und wo wir schon bei kulturellen Dingen sind. Gestern war ich auch in der öffentlichen Stadtbibliothek. Das Gebäude schaut schon cool aus, mitten in Downtown und auch von Innen ziemlich cool designed.

Und dann diese Kunstausstellung. Ich meine, hätte ich nicht die Einladung bekommen wäre ich da ohnehin niemals hingegangen. Aber meinem heftigen VIP-Pass dachte ich mir, was soll’s. Kunst hat mich bisher nie wirklich interessiert. Im Gegenteil. Ich hab mich immer gefragt, warum Leute Ewigkeiten vor super öden Gemälden stehen und dafür Unsummen an Geld ausgeben. Stefany, die ich im Bus nach Seattle kennen gelernt habe, arbeitet schon jahrelang als Kunstverkäuferin für ein Atellier in Quebec. Ihr Job ist es quasi neue Künstler ausfindig zu machen, egal ob die malen, Skulpturen aus dem Boden hauen oder abgefahrene Sachen basteln. Und sie dann zu vertreten. Im Idealfall schaffen sie es die Werke zu verkaufen und kassieren Prozente. Wie die Preise definiert werden? Nicht mal unbedingt die Technik, die dahinter steckt erzählt sie. Viel mehr kommt es drauf an, ob sich ein Künstler bereits einen Namen gemacht hat, wieviele Werke bereits erfolgreich gefertigt wurden und klar, dann braucht’s noch jemanden, der Bock hat Geld auszugeben. Stefany würde man im übrigen nicht ansehen, dass sie teure Kunst verkauft. Im selben Zug erzählt sie mir, dass das ihre letzte Ausstellung sein wird. Danach hat sie keine Lust mehr auf die Branche und will sich auf ihr BWL-Masterstudium konzentrieren. Trotzdem hat sie es geschafft mich neugierig zu machen.

Also rein in die weiße Leinenhose, damit ich da auch ein wenig schick aufschlage und ab gehts. Ich stehe erstmal fast eine halbe Stunde an, denn die ganze Ausstellung ist komplett überlaufen. Als ich dann endlich drin bin muss ich erstmal orientieren. Kurzer Throw-Back an Vancouver und seine schicken Leute. Bei den vielen Bildern, die ich direkt beim reinkommen sehe, denke ich mir: Ich weiß schon warum mich Kunst noch nie interessiert hat. Aber nachdem ich eine Weile zwischen den Ausstellern herum schlendere, stoße ich immer wieder auf Fotos, Bilder etc. die mich stoppen lassen. So uninteressant ist es tatsächlich überhaupt nicht! Langsam fange ich an Gefallen dran zu finden. Ich unterhalte mich hier und da mit den Ausstellern, die es irgendwie feiern dass ich kein Plan hab und super ehrlich bin wenn ich ein Bild / Print / Gemälde oder was auch immer eigentlich super hässlich finde. So wie die beiden Bilder hinter meinem Selfie. Wer bitte kauft sowas…:D

Das Gemälde hier kostet zum Beispiel stolze 65.000 Dollar. Ich frag den Aussteller warum das Ding so freakin teuer ist. Bringe direkt meine neue Expertise an und erkundige mich, wer der Künstler ist und wie lange er schon malt bzw. wie viele Werke er bereits verkauft hat. Er erzählt mir dass es sich um einen Amerikaner handelt, der letztes Jahr verstorben ist. Daher gehen die Preise seiner Werke gerade durch die Decke. Also ich würde mir das Ding niemals für 65k an die Wand hängen. Aber jedem das seine.

Am Ende finde ich endlich den Stand von Stefany und ihrer Kollegin Pascal. Die freut sich total mich zu sehen und ist überrascht, dass ich überhaupt gekommen bin. Sie wusste ja über mein Desinteresse Bescheid. Aber genauso wie Manu und Joyce es geschafft haben mich bzgl. Sauna umzustimmen, hat mir Stefanie ein wenig die Augen geöffnet in Bezug auf Kunst.

In Zukunft werde ich also vielleicht öfter auf solche Ausstellungen gehen aber nur wenn ich da umsonst reinkomme 😉 Die beiden Bilder unten gehören btw. zu der Sorte, die ich mir an die Wand hängen würde. Aber ich glaube auch die haben so ca. 20k gekostet…