Peru – Hiking Santa Cruz

Nov 9, 2023

Back on Track. Fühlt sich sehr gut an! Ich sitze gerade in meinem kleinen Zimmer in Huaraz. Zurück von dem epischsten Hike meines Lebens. Und ich übertreibe kein Stück. Wo ich dachte Ecuador hat die Messlatte hochgelegt, übertrifft Peru mit seinen Bergen, Flüssen und Trails das Ganze um einiges und hat mich mal wieder mit Staunen und Glücksgefühlen zurückgelassen.

Aber fangen wir wie immer am Anfang an, ich will hier ja nicht vorgreifen 😛

Die Crew: Bockig unterwegs auf jeden Fall. Fangen wir mit Arendt an. Aus Göttingen, Geologie Student mit erfolgreich absolvierten Bachelor, hat ne Weile in Chile gearbeitet und mich im Hostel angesprochen, ob ich den Santa Cruz Trek vorhabe zu machen. Chilliger Bro und äußerst Outdoor erfahren. Dann Luise, aus Erlangen wenn ich mich recht entsinne, ausgebildete Hebamme, nicht aus der Ruhe zu bringen und äußerst flott auf dem Trail unterwegs. Luise, genauso wie Jakob, habe ich beim Laguna 69 Hike kennen gelernt. Und dann Jakob, der jüngste im Bunde. Aus Liechtenstein, wohnt aber in Österreich. Überragender Kerl. Ist den gesamten Trail einfach in Skaterschuhen und Jeans gelaufen 😀 Hat ein heftiges Durchhaltevermögen und lässt sich trotz unoptimierten Gear nicht aus dem Konzept bringen.

Der Trail: Der Hike wird sich über 3 Tage strecken. Ca. 45 Kilometer. Am ersten Tag geht es durch ein Tal auf ca. 3900 Metern, das nach guten 13 Kilometern gegen eine Art Wand stößt, die wiederum einen Pass darstellt. Dort werden wir die erste Nacht verbringen und den Pass am 2. Tag in Angriff nehmen. Denn der führt uns auf 4750 Meter und dann geht es bergab durch ein weiteres Tal, links und rechts umgegeben von zahlreichen 6000ern, Gletschern, Seen, Wasserfällen usw. Dort wird übernachtet. Und am 3. Tag geht es durch das Tal zurück nach Cashapampa.

Mit unserer kleinen Gruppe treffen wir uns erstmal am „Prep-Day“ um alle Vorbereitungen für unserer 3 Tages Trek zu treffen. Mit meiner Routine mittlerweile ganz gechillt, das Ding ist nur: Hier in Huaraz gibts halt kein wirklich optimiertes Essen zum Hiken. Also decken wir uns mit Nudeln, Tomatensoße, Tunfisch, Dosenfutter und so nem Zeug ein. Damit bin ich nicht ganz happy aber gut, man muss halt einen Kompromiss eingehen. Außerdem hab ich mir dieses Mal einen angemessenen Schlafsack ausgeliehen, deutlich mehr Volumen als mein alter und nimmt somit auch deutlich mehr Platz im Rucksack weg, aber das wird’s hoffentlich wert sein!

Alles ready? Alles ready!

Montag Morgen. 6.11.2023. 4.45 Uhr. Sauber verschlafen. Fuck me. Wir müssen doch um 5 Uhr das Collectivo nach Yungay nehmen. Selber Weg wie bereits zur Laguna 69, nur noch etwas umständlicher und weiter. Mit verschlafenen Augen wach ich auf, weil sich Arendt aus dem Bett schlägt. Ich realisiere, dass ich genau 10 Minuten habe, um mich fertig zu machen. Verpeilt wie noch was mach ich mich ans Werk. Den Rucksack habe ich glücklicherweise bereits am Vortag fertig gepackt, also putz ich mir kurz die Zähne, räume den Rest zusammen und schaffe es gerade so rechtzeitig mit gepacktem Rucksack um 4:56 Uhr vorm Hostel zu stehen. Es ist immer noch dunkel, super kalt aber der Bock überwiegt. Denn schließlich geht es…hoffentlich…auf einen extrem epischen Hike!

Es dauert ein bisschen aber wir finden schlussendlich das Collectivo, das uns für 8 Soles nach Yungay fährt, wo wir ein Anschluss Bus nach Vaqueriá für 30 Soles pro Person bekommen. Die Fahrt zum Trailhead dauert gute 3 Stunden, über Stock und Stein in einem doch recht schäbigen Sprinter, zusammen gepfercht wie ein Haufen kleiner Kakapos in einem Bisamratten Käfig. Aber am Ende kommen wir gegen 11 Uhr am Trailhead an. Wir werfen uns unsere Rucksäcke über, und wie damals beim Quilotoa Loop in Ecuador, machen Luise, Arendt, Jakob und ich uns wie eine Gefährtengruppe aus Herr der Ringe auf, auf den Weg ins Unbekannte, auf, auf eine epische Quest…

Der erste Tag führt uns durch das kleine Dorf Vaqueriá und zunächst bewegen wir uns auf einer Schotterstraße, bis wir endlich das Dorf hinter uns lassen und wir in das Tal hinein wandern. Und dann gehts auch schon los mit „Wow“ hier und „Awesome“ da, denn die Landschaft ist einfach mächtig. Was nicht so mächtig ist: Das Wetter halt wieder mal. Klar, November ist „off Season“ und man muss mit Regen rechnen, aber come on. Nach guten 3 Stunden wandern fängts dann auch an. Wir werden mal wieder ordentlich nass aber hey, längst nichts neues für mich daher alles easy 🙂

Durchnässt und nach wie vor im Regen kommen wir an unserem ersten Campspot an. Umgeben von den Bergen und ein wenig geschützt von ein paar Bäumen bauen wir gegen 16 Uhr unsere Zelte auf und glücklicherweise wird uns dann der Rest des Abends ohne Regen vergönnt, sodass wir in Ruhe kochen können. Achja und der Koka-Likör wird verköstigt. Widerliches Zeug! 😀 aber gut, ein wenig wärmt mich der Likör auf. Wir begeben uns ultra früh zu Bett, denn auch hier wird es bereits um 6.30 Uhr dunkel. Und der nächste Tag wird hart. Denn mit dem Equipment den Pass auf 4750 Meter hoch, das wird mal wieder ein gute Challenge. Ich bin guter Dinge als ich merke, dass mein neuer Schlafsack mich endlich mal warm hält und ich folglich eine echt richtig gute Nacht auf 4100 Metern verbringe.

Am nächsten Morgen stehen wir gegen 6.30 Uhr auf, machen uns Kaffee und Frühstück bevor wir uns auf den Anstieg machen. Es ist bewölkt, allerdings soll laut Prognose das Wetter heute ein wenig besser werden und wir hoffen nicht nochmal im Regen zu enden. Erstmal geht es noch gute 1 1/2 Stunden, mit sanften Anstieg das Tal entlang, bis vor uns der Taulliraju mit 5830 Metern auftrumpft und wir die „Wand“ sehen, die wir hoch müssen. (NICHT die Gletscherwand 🙂 Das wäre doch ein wenig zu krass haha)

Der Aufstieg dauert in etwa eine Stunde und als ich endlich den Pass überquere verschlägt es mir mal wieder die Sprache. Wie schon so oft. Der Pass verbindet die beiden Täler miteinander und ich komm mir wirklich vor wie in Herr der Ringe, denn die Landschaft ist einfach nur umwerfend. Das Tal durch das wir hochgekommen sind wird quasi durch eine Art steinernes Tor, durch das man auf der Spitze des Passes hindurch schreitet, mit dem anderen Tal verbunden. Wie eine Pforte in eine andere Welt. (Auf dem Bild unten sieht man den Trail, wie er sich die Gletscherwand entlang schlängelt)

Auf 4750 Metern gibts eine kurze Pause. Wir genießen die Aussicht, feiern uns dafür, dass wir den Pass hinter uns gebracht haben und machen uns dann an den Abstieg ins Tal, auf der Suche nach unserem nächsten Camping-Spot. Und meine lieben Freunde, glaubt mir wenn ich euch sage: Hier werde ich den epischsten Camping-Spot meines Lebens finden 😀 Der Spot in Washington State in der Goat Rocks Wilderness, wo ich Aussicht auf Mt. Adams hatte, ist bisher Platz 1 wird aber in kürze abgelöst.

Ab dem Punkt komm ich aus dem Staunen eigentlich kaum noch raus. Überall sind heftige Berge zu sehen, noch heftigere Gletscher und das Wetter! Das ist uns endlich mal wohl gesonnen. Und dann sehen wir einen extrem epischen Campground, wo bereits zwei Zelte stehen. Und ich denk mir einfach nur: Da will ich auch übernachten, Digga!

Wir werden von 3 kläffenden Hunden in Empfang genommen, allerdings wird schnell klar: Die sind uns freundlich gesinnt und ich geh mal schwer davon aus, dass die hier her gehören und auf den Camping-Spot aufpassen. Denn Kühe, Wildpferde, Esel. Hier ist eigentlich alles am Start und sobald eine der Kühe auf den Campingplatz spaziert, zeigen alle 3 der Hunde heftigen Einsatz und legen sich mit denen an. Die haben sogar versucht eine Gruppe Pferde zu vertreiben, die sich allerdings nicht wirklich drum gekümmert haben.

Ein amerikanisches Pärchen, das bereits ihr Zelt aufgeschlagen hatte als wir ankamen erzählt uns, dass die Hunde ihnen von Cashapampa bis zum Campingplatz gefolgt sind. Das sind halt gute 22km von 2800 Meter auf 4200 Meter. Die Hunde scheinen das aber regelmäßig zu machen, denn man kennt sie hier wohl schon länger.

Ok, heftiger Blog-Beitrag. Zum Glück gibts jede Menge Bilder 😉 Wir haben also bei dem Campspot übernachtet, begleitet von leichtem Kopfweh, weil ich viel zu wenig getrunken habe. Die Nacht war ruhig und nachdem am Abend vorher bereits die Sonne rauskam, war zum Glück auch der nächste Tag von schönem Wetter begleitet. Am nächsten Morgen fühle ich mich nicht ganz so fit aber immerhin ist das Kopfweh verschwunden. Und ich wache mit einer wunderschönen Aussicht auf. Ich muss nur aus dem Zelt schauen und sehe direkt auf den Quitaraju (6.036m)

Wir machen Frühstück und müssen enttäuscht feststellen, dass die Hunde wohl den Heimweg angetreten haben. Und kaum sind die weg, macht sich auch schon eine heftige schwarze Kuh direkt neben meinem Zelt an meinen Sache zu schaffen. Leider komm ich zu spät zum Schauplatz der Untat. Die Kuh! WTF. hat sich einfach mal kurz mein Bandana reingesnackt. Ordentlich drauf rumgekaut und mir komplett räudig, versifft wieder vor den Rucksack ausgespuckt. DANKE! Richtig nice Aktion. Und mit der Kuh wollt ich mich nicht anlegen. Wusstet ihr dass es mehr Tote durch Kühe als durch Weiße Haie gibt? Ernst zu nehmende Gefahr also. Naja dann kaufe ich mir halt ein neues Bandana. Trotzdem ärgere ich mich darüber. Und auf meine Matratze hat sie auch noch gesabbert. Sappralott noch a ma!

Erholt von dem Schreck, treten wir unseren letzten Tag um kurz nach 7 an. Es stehen 22 Kilometer an, bevor bis wir das Dorf Cashapampa erreichen. Die Rucksäcke sind deutlich leichter, das Essen habe ich dieses Mal ziemlich gut kalkuliert, sodass ich außer ein paar Snacks für den Rückweg, nichts mehr übrig habe. Das Wetter erstmal bewölkt, aber wir sind guter Dinge dass es heute nicht regnet. Außerdem gehts heute nur bergab. Wir steigen hinab auf 2800 Meter. Am Anfang laufen wir nach einem kurzen, ersten Abstieg erstmal für 3-4 Stunden durch ein wunderschönes Tal, durch das sich auch ein Fluss schlängelt, der uns ununterbrochen begleitet, bis er in einen Bergsee übergeht. Die hohen Berge links und rechts mit ihren Gletschern lassen immer wieder mächtige Wasserfälle entstehen, die die hohen Wände runterstürzen und sich zu einem neuen Fluss bilden, der im Verlaufe immer stärker wird. Gefühlt 500 Millionen Kühe sind überall im Tal verteilt. Darunter mingeln sich Pferde und Esel. Haufenweise Scheiße. Und wir finden 3 tote Kühe, die bereits halb verwest im Fluss liegen. Weniger schön aber beeinflusst meine Erfahrung des Trails zum Glück kein Stück.

Arendt gönnt sich in dem Bergsee eine ordentliche Erfrischung. Nach seiner Badeaktion laufen wir noch ein gutes Stück weiter, dann verengt sich das Tal Stück für Stück und überall liegen mächtige Steine , teils so groß wie ein kleines Haus, herum, die von Steinschlägen oder irgendwelchen Bergrutschen stammen. Der Trail schlängelt sich durch die herabgefallenen Steine, genauso wie der Fluss, der seine immensen Wassermassen mit einer gewaltigen Strömung den Berg runter jagt und uns mit seinem lauten Rauschen begleitet. Und dann geht es langsam zum finalen Abstieg hinunter zum Dorf. Und der hat es in sich. Nicht nur ballert die Sonne mittlerweile ordentlich runter, sondern Geröll, noch mehr Geröll, Steinschläge hier und da erschweren das Vorankommen ein bisschen und man muss einfach ein wenig mehr drauf achten dass man nicht ausrutscht. Und dadurch ist es gut anstrengend. Ich hoffe dass ich nicht von so nem Scheiß am Kopf getroffen werde. Aber Ende gut, alles gut. Mit dem Gepäck bergab gehen ist nach einer Weile auch ein bisschen anstrengend geworden aber nach insgesamt guten 7 Stunden erreichen wir endlich Cashapampa und werden, nach einem kurzen Sit-in beim Ranger, via Collectivo wieder zurück nach Huaraz transportiert.

Fazit: Kurzum, epischster Hike meines Lebens. Mit Abstand. Sorry Ecuador, Chimborazo usw. war alles heftig episch aber rein vom Design des Trails, der Aussicht, das Gesamtpaket: Krass. Würde ich glatt nochmal laufen, alleine. Wer weiß vll. mach ich das sogar 😀

Ok aber jetzt heißt es fokussieren. Das war alles ganz nett aber es gibt einen Grund warum ich hier bin. In Peru. Nachdem ich Touching the Void gelesen habe. Meine ultimative Challenge. Das war alles Aufwärmung. Heute ist Donnerstag, der 9. November. Übermorgen, also am 11. November, am Geburtstag meines Dads, geht es los zum Huayhuash. 8 Tage Trekking durch die Cordillera, vorbei am Siula Grande, über zahlreiche Pässe bis über 5000 Meter. Esel tragen meinen Stuff, 6 andere sind wohl noch mit dabei die ich am 1. Tag der Expedition kennen lernen werde. Meine 658 tätige Duolingo Streak wird dank Gaby in meiner Abwesenheit aufrecht erhalten 😀 und ich bete, dass meine Schuhe das mitmachen. Aber hey, Jakob macht Santa Cruz mit Skaterschuhen? Dann krieg ich den Huayhuash Trek mit meinen Blackdiamonds auf jeden Fall auch hin!

Wir hören uns also wenn ich gesund und munter zurück bin. Voraussichtlich am 18. oder 19.11. Bis dahin: BungaBonga meine Freunde!