Peru – Fuck yeah Huayhuash

Nov 20, 2023

Ich habe lange mit mir gehadert, ob ich mir den Huayhuash-Trek wirklich geben will. Warum? Schließlich bin ich extra dafür nach Peru gekommen. Weil Regenzeit ist. Und mein Equipment für 8 Tage Extreme nicht unbedingt gemacht ist. Beim Santa Cruz Trek hatten wir noch ziemlich Glück mit dem Wetter. In gewissermaßen hatten wir auch die letzten 8 Tage Glück. Trotzdem haben wir alles mitgenommen, was geht. Schwerer Regen, Hagel, Schnee und starke Gewitter. Auf 4000 – 5000 Metern. Exposed? Dezent. In meinem läppischen Zelt. Ihr denkt jetzt sicher: Der Kerl lernt halt auch einfach nicht dazu. Ich sage: Ich scheiß auf den Lerneffekt. Denn diese 8 Tage waren das mit unter das Epischste, was ich je in meinem Leben gemacht habe.

Tag 1

Ich liege in meinem Zelt neben dem mächtigen Yerupajá in der Huayhuash Cordillera in Peru. Auf 4200 Metern. Es ist 16:32 Uhr. Draußen regnet und donnert es. So beginnt mein neues Hiking Abenteuer mal wieder im Nassen. Aber wie heftig war bitte bereits der erste Tag? Eine saubere 10 von 10 auf meiner Epic-Skala. (Ehrlich gesagt reicht hier eine Skala von 10 überhaupt nicht) Die Schönheit der Gebirgszüge hier in Peru durften wir zum Glück noch mit Sonne genießen, bevor der Regen über uns hereinbricht.

Wir sind insgesamt zu 9. Eine richtig entspannte Truppe aus Deutschland und England. Altersdurchschnitt: Ca. Mitte 20 würde ich sagen. Alle samt Herr der Ringe begeistert. Begleitet werden wir von unserem Koch – Jesus (57 Jahre, links) und Ronaldo (rechts), unserem Guide. Achja und noch ein zwei Sherpa-ähnliche Bro´s mit ihren Eseln und Maultieren.

Und stehen epische 100 Kilometer bevor. Durch die Cordillera im Huayhuash Gebirge. Zahlreiche Bergpässe, die uns zum Teil auf über 5000 Meter führen werden. Panoramen, das einem der große Zeh geradeaus durch die Ohrläppchen galoppiert und bestimmt auch Tage, an denen man sich wünscht daheim geblieben zu sein haha.

Wir sind heute zwar erst ca. 6 Kilometer gelaufen aber die hatten es schon in sich. Direkt zum Start tackeln wir den ersten Pass auf 4660 Metern, welcher uns den Blick auf ein weites Tal eröffnet, in das wir hinabsteigen und letztlich durchqueren. Als wir irgendwann um eine Bergkante biegen, bleibe ich wie angewurzelt stehen. Der Yerupajá baut sich vor mir auf wie ein riesiger Titan, der erhaben über sein Tal blickt. Ehrfürchtig versuche ich die Dimension von dem Berg auszumachen, der mehr als 6600 Meter in die Höhe ragt. Was mir allerdings alles andere als leicht fällt.

Und dann erreiche ich unseren ersten Campingspot, wo bereits ein großes Zelt steht, das von unseren Begleitern errichtet wurde. Mit den Yerupajá direkt vor der Nase! Ja BungaBonga hoch 10, ich weiß schon gar nicht mehr was ich schreiben soll, weil es einfach schon wieder so krass episch ist 😂 ich komm nicht klar.

Weil das Wetter irgendwann umschlägt setzen wir uns alle zusammen erst mal ins große „Community“ Zelt und lernen uns bei einer Tasse Tee noch besser kennen, während wir auf das Abendessen warten. Ist schon chillig mit nem Koch, der uns verwöhnt 😄 Aber auf Jesus (gesprochen „Chesus“) geh ich später noch genauer ein. Der Kerl hat in der gesamten Gruppe für ordentlich Faszination gesorgt.

Und so neigt sich der erste Tag dem Ende zu und ich bereue jetzt schon kein Stück das gemacht zu haben…

Tag 2

5:15 Uhr morgens. Ich habe geschlafen wie ein Baby. Die etwas dickere Matratze und der bessere Schlafsack machen doch einiges aus. Es ist kalt aber immerhin regnet es nicht. Ich mach mich fertig, packe meine Sachen und mit meinem Kaffee gönn ich mir erstmal ein ordentliches Frühstück. Um 7 Uhr laufen wir los. Und wir haben mal wieder ein Doggo am Start, der uns auf dem Weg begleitet!

Der Trail selbst führt uns über eine weite, moorige Ebene immer weiter hoch bis wir Sicht auf zwei Bergseen haben, während das Wetter hält und sogar kurz mal die Sonne raus kam.

Insgesamt hiken wir gute 10 Kilometer und im allgemeinen war es deutlich entspannter wie gestern. Ich frag mich nur wie wir so die 100 Kilometer nach 8 Tag schaffen sollen…

Wir biegen wieder um einen Berg und man sieht bereits, wie sich Fels und Gletscher in der Entfernung abzeichnen und dann nähren wir uns Stück für Stück dem Yerupajá von der anderen Seite. Wir sind jetzt deutlich näher dran und als ich einen kleinen Hügel erklimme, blicke ich herab auf ein weites Tal mit einem wunderschönen Bergsee auf der linken Seite. Kaum endet das Tal, schießen die Wände des Bergmassivs in die Höhe. Und ich blicke nicht nur auf den Yerupajá. Direkt daneben steht der Yerupajá Chico mit 6089 Metern. Und dann sehe links daneben den Siula Grande mit seinen 6344 Metern. Eine massive Wand aus Eis, die im steilen Winkel gen Himmel ragt. Lang hab ich gewartet. Und das lange Warten wars wert!

Und unser nächster Campingspot ist halt einfach auf einer Klippe über dem See. Mit voller Sicht auf alle drei Berge, dem See und dem Tal. What the actual fuck, ich hör auf die Spots zu bewerten und ergebe mich. Ehrlich. Peru you are freakin amazing!

Tag 3

Wieder gehts um 5 Uhr morgens aus den Federn. Ich baue mein Zelt jeden Tag selbst ab in der Früh. Und glaubt mir: Jeden Tag aufs Neue eine Qual 😀 Heute regnet es bereits in der Früh ein wenig, was das aufstehen umso schwerer macht. On top soll heute angeblich der härteste aber auch schönste Tag werden, was die Aussicht angeht. Ein steiler Pass über 4800 Meter. Insgesamt 8 Stunden hiken bei absolut random Wetter. Mein Zelt hab ich heute Früh unseren peruanischen Bro’s übergeben. Das werden die Esel tragen. Und dann gehts wieder pünktlich um 7 los. Die Gefährten begeben sich also auf den nächsten Abschnitt, der bisher absolut epischen Wanderung.

3 Stunden lang führt uns der Trail entlang der Bergkette und wir kommen an zahlreichen Gletscherseen vorbei, die aus dem Bergmassiv neben uns entstanden sind. Zum Teil fließt das Eis noch im See herum. Das Wetter ist von Beginn wechselhaft und so werden wir teils von der Sonne verwöhnt und im nächsten Augenblick marschieren wir durch den Regen. Während wir im Trockenen dahin hiken höre ich plötzlich ein lautes Donnern. Und dann sehe ich, zum ersten Mal in meinem Leben, direkt vor uns in der Entfernung an der Gletscherwand eine dicke Schneelawine runter rauschen. Überhaupt hört man hier gefühlt alle 10 Minuten das laute Donnern einer Lawine aber die sind irgendwo im Gebirge, in nicht sichtbarer Entfernung.

Nachdem ich fertig bin mich wie ein Schnitzel auf Steroiden über die Lawine zu freuen, gehts an den Aufstieg über den Pass. Und steil trifft’s gut aber am Ende steh ich oben auf 4800 Metern mit Aussicht auf den Siula Grande direkt vor mir (jedenfalls lässt er sich kurz blicken) und es war eigentlich halb so wild.

Nach einer kurzen Tee Pause und Fotoshooting gehts dann noch mal 2 ½ Stunden bergab ins Tal. Die Landschaft auf der anderen Seite des Passes ist komplett anders und lässt mich erneut staunen, wieviel Epicness hier eigentlich abgeht. Und zu der Aussicht gesellen sich neue Gletscher, neue heftige, komplett eingeschneite Bergspitzen und moorige Seen in der Entfernung. Absolut geil, so ne Vegetation wie hier hab ich auch noch nie gesehen.

Um ca. 14:30 Uhr erreichen wir unseren Camping Spot. 😂 was soll ich sagen…Also erstmal gigantisch, dass die Bro’s schonmal mein Zelt für mich aufgebaut haben. Der Spot selbst? Geht genauso weiter, wie wir aufgehört haben. Einfach nur episch. Bilder vom Spot selbst hab ich an dem Tag nicht aufgenommen, ab und zu muss man auch mal einfach nur genießen 🙂

Die Sonne kommt raus und nach dem Lunch vertreiben wir uns die Zeit mit Handständen und ein wenig Calisthenics, bis es wieder zapfig wird und sich alle in den Schutz ihrer Zelte zurück ziehen.

Tag 4

Wir laufen um 7 Uhr los wie immer. Ich fühle mich dehydriert und steh ein wenig neben mir. Schätze mal die Kombo aus zu wenig getrunken und der Höhe. Aber was soll’s, Auto-Mode on. Ich kann mir fast dabei zusehen, wie ich von alleine laufe. Schritt für Schritt für Schritt. Natürlich wieder nach oben. Denn der 5000 Meter Pass steht an. Und das Wetter ist uns wohl gesonnen. Als wir die Spitze des Passes erreichen, ziehen die Wolken auf und geben uns freie Sicht auf die monströsen Gletscher neben uns. Ziemlich krass so nah dran zu sein irgendwie.

Nach einer Pause gehts dann auf der anderen Seite den Pass wieder runter. Und die Landschaft verändert sich ein weiteres Mal beinahe komplett.

Absolut gigantisch wie divers der Trail ist. Es geht gute zwei Stunden über Gestein in der Sonne bergab, an weiteren Gletscherseen vorbei, bis wir um eine Ecke biegen und sich abermals ein weeeeites Tal vor uns auftut. Ich nenne es das Halo-Tal. Erinnert mich irgendwie übel dran. Fehlen nur noch ein paar Banshees und ein Warthogs. Im Tal stehen bereits unsere Zelte aufgebaut für uns bereit. Aber die sind erstmal ganz schön weit weg. Als ich ankomme bleibt mir gerade genug Zeit meine Sachen zu verräumen, bevor wir im Community Zelt sitzen und das Wetter wieder ins Böse umschlägt. Und da wir auf ca. 4500 Metern campen, wird gegen 18 Uhr aus Regen, Schnee….

Ich werde den Post in zwei Teile aufteilen und die nächsten vier Tage in den nächsten Beitrag packen. Nach dem vierten Tag, wird aus dem Ganzen jedenfalls Routine. Aufstehen im Dunkeln. Zwischen 4:30 – 5:00 Uhr. Alle Layer drüber werfen, die ich hab. Rucksack zusammen räumen. Zelt zusammen packen. Hoffen, dass die Feuchtigkeit im Zelt bis zum Abend vergangen ist. Frühstücken. Und um 6:00 – 7:00 Uhr für mindestens 6 Stunden hiken. Walk, eat, sleep, repeat.

In den letzten vier Tagen habe ich mehr Epicness erlebt, als ich mir je hätte Träumen lassen. Da stellt sich mir wirklich die Frage, wie sich das noch toppen lässt.

Ziemlich, wie sich in den nächsten 4 Tagen noch rausstellen wird 🙂