USA, Oregon – Pacific Coast

Aug 14, 2023

Gerade sitze ich in einem Coffee Shop namens „Happy Cup“ in Portland und widme mich meiner Planung für Ecuador. Heute wird es 40 Grad und aus meinem Plan, mit dem Bike die Stadt zu erkunden, wird erstmal nichts. Macht aber nichts, denn die letzten 2 Wochen waren sowas von vollgestopft dass ich mal zwei Tage Nichts tun gut gebrauchen kann. Deswegen nochmal ein letzter Eintrag, denn zwischendurch sind wir an die Pazifikküste gedüst, nachdem aus dem Trip zu den Olympics nichts wurde.

Auf dem Weg zur Küste durchqueren wir wieder einmal den endlosen Wald, aber im Vergleich zu Central Oregon und dem Osten, ist es hier deutlich milder und es regnet viel mehr. Der „gemäßigte“ Regenwald ist extrem dicht und zum Glück relativ unangetastet von Waldbränden. Nach ca. 1 1/2 Stunden Fahrt, erreichen wir den Trailhead. Die Wanderung führt uns an den westlichsten Punkt der Pazifikküste von Oregon, wo man früher im Jahr Wale beobachten kann, die Richtung Norden ziehen.

Als wir nach ungefähr 5 Meilen Hiken an der Spitze der Landzunge ankommen, gönnen wir uns eine schöne Pause mit ner Menge Snacks und genießen die Aussicht. Von Walen leider keine Spur. Dafür erreicht uns eine Familie, die sich den Weg zum gleichen Aussichtspunkt gebahnt hat. Ja und drei mal dürft ihr raten, wo die herkommen…Deutschland natürlich 😀 Dieses mal aus Hamburg. Es folgt der übliche Smalltalk und nachdem noch fleißig Bilder geknipst wurden, gehts dann wieder zurück Richtung Auto.

Palmer schwingt sich wieder hinters Steuer und es geht weiter Richtung Norden. Da wartet unser Campground auf uns. Direkt am Meer, hinter den Dünen, mit einer eigenen Feuerstelle und vermutlich auch ner Menge Nachbarn. Und so schaut’s dann auch aus. Als wir ankommen tummeln sich bereits lauter Familien mit ihren RVs, Jeeps mit Anhängern, Wohnwägen, Zelten und und und. Natürlich sind auch wieder die ganz Großen mit am Start. Die in ihren luxuriösen..kp 20 Tonnern?..ankommen, kaum Platz finden und dann den Tag mit ausgefahrener Antenne drin vor der Glotze hocken. Wir finden unseren Stellplatz und bauen erstmal unsere Zelte usw. auf. Danach gehts ab an den Strand, den Football den Palmer mitgebracht hat ordentlich austesten, und anschließend den Sonnenuntergang genießen.

Und wieder mal sind wir an dem Punkt, an den ich irgendwie so oft komme 😀 Es passiert wieder was Verrücktes. Weniger cool, dieses Mal. Soll ja nicht langweilig werden. Ich meine, der ganze Tag ist bisher ohne große Vorkommnisse verlaufen. Mal abgesehen davon dass der kleine Hike top war und die ganze Küste überragend ist. Erinnert total an die Atlantik Küste in der Bretagne oder Galizien. Und ich liebe ja raue Küsten. Ahh ich komme vom Thema ab. Zurück also zur Geschichte: Wir sitzen da gechillt auf so nem Baumstamm am Strand und stoßen mit einem Bier aus Oregon (mal wieder muss ich sagen, ein würdiges Bier!) an, doch wie sich herausstellt, sei mir dieser gechillte Moment nicht vergönnt! Mücken attackieren mich plötzlich geisteskrank, unten an den Füßen. Ich trage Flipflops und eine lange Hose, alles dazwischen um die Knöchel haben die elendigen Mistbastarde mir innerhalb von Sekunden zerstochen.

Also packen wir zusammen und verziehen uns zurück zum Camp und ich hau mir erstmal ne ordentliche Ladung Ungeziefer-Verpisst-Euch-Spray überall hin. Wir machen ein geschmeidiges Lagerfeuer und es scheint, als wäre alles in Vergessenheit geraten. Keine Mücken mehr. Das jucken merk ich in dem Moment glücklicherweise nicht. Meine Sinne gelten nur dem brodelnd, gschmackigen Feuer, das da vor mir hin und her tanzt. Doch jaja, wieso sollten wir auch ungestört diesen chilligen Moment genießen dürfen. Ich höre einen Schrei, kann allerdings nicht zuordnen, was das genau war. Vielleicht Kinder, vielleicht jemand, der sich erschrocken hat. Kein Plan und ehrlich gesagt widme ich mich kaum 1 Sekunde später wieder dem Feuer. Ein paar Minuten verstreichen, als die Nachbarin, eine ältere Dame so um die 60, im dunklen zu uns herüber kommt. Sie scheint ein wenig durch den Wind und hat eine Bitte an uns.

Wir mögen doch ihrem Ehemann zur Hilfe kommen, weils scheinbar aufm Nachbarplatz ordentlich Stress gibt. Er ist erstmal alleine rüber marschiert und scheint sich eingemischt zu haben. Und wir sollen jetzt rüber gehen und nachsehen, ob mit ihm alles in Ordnung ist 😀 Ok. Wir sind in Amerika, jeder kann ne Waffe am Start haben, denk ich mir erstmal. Aber gut, wir sind ja nicht so und machen uns auf den Weg. Als wir näher kommen sehen wir bereits eine Traube an Menschen, die sich gebildet hat. Wir treten näher und Palmer erkundigt sich, wer von den Leuten der besagte Ehemann ist. Einer der älteren Herren tritt vor und schüttelt Palmer und mir die Hand. Er kennt sich aus mit diesen Alkoholikern, meint er bestimmt und zeigt dabei mit seinem Finger in Richtung eines Zeltplatzes. Er erklärt uns, dass es die Frau von dem Typen dort drüben war, die geschrien hat. Sie und ihre Tochter sind irgendwo dort im Camper / Zelt oder Auto und er hockt sturzbetrunken irgendwo rum. Wir entscheiden uns dafür, die Cops und die Ranger vom Zeltplatz zu alarmieren, als die Frau aus dem Camper steigt und weinend auf uns zukommt. Sie will nicht dass wir die Cops rufen. Sie hat die Lage unter Kontrolle und das passiert öfter, erklärt sie uns aufgebracht. Er schreit dann nur rum aber tut sonst nichts. Sie wird jetzt die Nacht im Auto verbringen und abwarten bis er wieder nüchtern ist. Wow. Ich hab kein Plan was ich sagen oder tun soll. Der Ehemann von unserer Nachbarin beweist sich aber tatsächlich als super Kommunikator und schafft es die junge Frau zu beruhigen und ihr gut zuzureden. Als sie entschieden ins Auto steigt, tauschen wir Nummern aus und speichern die Nummer der Cops ab. Nur für den Fall. Naja das wars dann irgendwie mit dem Abend. Die Stimmung war eher gedrückt und als das Feuer niedergebrannt war, sind wir ab ins Bett. Zum Glück ohne weitere Zwischenfälle. Als ich in der Früh um halb 6 Richtung Toilette gelaufen bin, war der Zeltplatz der beiden bereits leer.

Wir machen uns früh auf den Weg, denn wir haben mal wieder allerhand Pläne. Im Kern fahren wir einfach nur die Küste nach Norden aufwärts entlang. Es warten jede Menge kleine Dörfer, Städte und Surferspots auf uns. Und wieder mal richtig geile Wälder. Kriegt man leider auch auf den Bildern gar nicht so ganz rüber, die Stimmung in den Wäldern.

Wir verbringen eigentlich den ganzen Tag an der Küste und irgendwann gegen 17 Uhr machen wir uns auf den Rückweg nach Portland, wo wir gegen ca. 19 Uhr schließlich ankommen. Ja fetter Trip muss ich sagen und eine coole Alternative zu unserem verpassten Hike in den Olympics. Und die Surfer an der Küste zu sehen…trotz meiner unfassbar madigen Historie des Surfens wo mir eigentlich sämtliche Lust vergangen ist (das ist eine andere Geschichte, die bestimmt einige von euch bereits schon mal gehört haben ;-)…hab ich wieder Bock bekommen und bin mir sicher: Auf meinem Trip werde ich dem Surfen garantiert nochmal eine Chance geben.

Das wars mit Portland / Oregon / Washington und überhaupt: Nordamerika. Ich bin jetzt ca. 6 Wochen unterwegs und morgen geht mein Flieger nach Quito, Ecuador. Dann geht die Reise eigentlich erst richtig los! Bisher war ich in guter Gesellschaft. Mit meinem Bruder, Joyce und Palmer. Ein optimaler Start würde ich mal sagen. Eine gechillte Transition-Period. Jetzt kann’s richtig los gehen. Ich fühl mich gut vorbereitet. Der Bock auf Hiken ist massiv angestiegen und meine Gedanken sind gen Süden gerichtet. Plötzlich kommen Ideen auf, wie der Inca Trail in Peru. Peru scheint sich beruhigt zu haben, politisch. Im Allgemeinen sind die Anden jetzt mehr ein Thema für mich geworden. Wir werden sehen. Ecuador wird jedenfalls spannend. Nachdem vor ein paar Tagen einer der Präsidentschaftskandidaten nach einer Rede erschossen wurde, ist die politische Situation extrem angespannt. Da ich in Quito lande, dem Schauplatz des Attentats, werde ich vorsichtig sein müssen…