Colombia – A spiritual Journey

Dec 22, 2023

Ok also gleich mal vorweg. Ich bin NICHT spirituell. Jeder der mich kennt weiß das. Was allerdings nicht heißt, dass ich solchen Dingen gegenüber gänzlich verschlossen bleibe. Nach meiner Begegnung mit der spirituellen Family in Ecuador, Otavalo bin ich der ganzen Sache gegenüber vielleicht ein wenig kritisch. Aber meine Reise mache ich ja auch, um neue Erfahrungen zu sammeln und so. Ihr wisst schon. Das übliche Blabla 😉 Gestern durfte ich einer Zeremonie beisitzen, um die Wintersonnwende zu feiern. Die längste Nacht des Jahres und wie ich das verstanden habe, im spirituellen Kontext, gleichzeitig auch ein „neues Jahr“. Und….jep….heftig abgefahren solche spirituellen Zeremonien 😀 Aber dazu erzähl ich natürlich gleich noch mehr.

Also Kolumbien…Spannende Sache 😀 Allzu viel von dem Land an sich hab ich noch nicht gesehen. Ich bin in Salento verhockt. Immer noch hier. Ist einfach mega. Und man muss dazu sagen: Ich erlebe deswegen Kolumbien nicht weniger. Wenn nicht sogar mehr, als beim stressigen…nennen wir’s mal „Touristen-Hopping“. Von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten. Möglichst viel in möglichst wenig Zeit durchballern. Hab ich in Ecuador schon gehabt. Ist auch ganz nice. Peeeeero (“aber” auf Spanisch) wie die Kolumbianer schön lang gezogen betont sagen würden. Weihnachtszeit ist die Zeit der Besinnung, richtig? Dafür ist Johns Hostel perfekt. Und ich hab endlich mal eine Routine. Tut ganz gut so nach knapp 6 Monaten, die ich jetzt unterwegs bin.

Ich steh morgens irgendwann gegen 6 oder 6.30 Uhr auf. Mit leckerem Kaffee direkt aus Salento mach ich mich erstmal über meine Spanisch Vokabeln und mein spanisches Buch her, dass ich gerade lese. „Kurzgeschichten aus Südamerika“. Langweiliger könnten die kleinen Geschichten fast nicht sein, peeeeeero: Zum lernen gut geeignet und in kleine Pakete verpackt. Deutlich motivierender, als so einen dicken Schinken zu ballern. Um 7:30 Uhr trudeln dann langsam alle ein, John und seine Crew. Ich bestell mir mein Lieblingsfrühstück: Pancakes mit Erdbeeren und Bananen. Und dann gehts los mit unserer „Tensegrity“ Übung. Tensegrity is irgend so ein spirituelles Ding, wo man seine Energie fühlen und ins Gleichgewicht bringen soll….Wobei ich zugeben muss dass ich da, zumindest bisher, absolut nada fühle. Außer vielleicht meine Pancakes, die mir noch im Magen hängen. Auf diese „Tensegrity“ Übung folgt dann Yoga und Stretching, Wim Hof Breathing und zum Schluss 30 Minuten Meditation. Das ist schon eher meins. Und im Anschluss hau ich dann noch mein privates Workout on top. Das dauert all-in alles gute 2 Stunden und danach fühlt man sich schon extrem gut 🙂 Ich schwing mich dann in der Regel an meine chinesische Serie, die ich grad gucke. Denn mit all der Zeit, die ich hier habe nutze ich die Zeit, um mein Chinesisch mal wieder richtig auf Vordermann zu bringen. Und die Harry Potter Bücher grinde ich grad hardcore, damit ich endlich mal den letzten Teil lese….Achja und „The subtle Art of not giving a fuck” von Mark Manson lese ich auch noch. Nicht weil ich Selbsthilfebücher sonderlich nötig hätte aber das Buch ist einfach unfassbar witzig geschrieben. Stellt euch vor wie ich rede, nur 1000 mal mehr Fuck und Shit und Crap und…ach herrlich einfach 😀 Und on top doch auch einige sehr sinnvolle Ideen und Ansätze, die glaub ich heutzutage jedem gut tun würden. Und John hat mir noch seine Gitarre geliehen. Also langweilig wird’s mir hier auf gar keinen Fall haha. Achja und ich trinke hier schon seit Wochen kein Tropfen Alkohol und hab meine Zuckerzufuhr auf ein absolutes Minimum reduziert.

Was der Ort hier mit mir macht? Ich hab kein Plan. Offenbar werde ich philosophisch 😀 Aber seriously. Irgendwie wollte ich meine Gedanken zu gewissen Dingen festhalten. Also warum nicht hier. Zumal es uns alle betrifft. Aber dazu weiter unten noch mehr.

Erstmal zur Zeremonie: Nachdem John und seine Crew hochgradig spirituell sind (ist mir manchmal fast too much aber hey 🙂 bin ich gestern zu einer Zeremonie zur Wintersonnwende eingeladen worden. Denn vom 21. auf den 22. Dezember ist die längste Nacht des Jahres und das wird im spirituellen Kontext wohl ordentlich zelebriert und signalisiert gleichzeitig den Start ins neue Jahr. Die beiden Mädels, die ihr unten links auf dem Bild seht waren für ein paar Wochen im Amazonas und sind jetzt “offiziell ausgebildete”Schamanen” xD (sorry aber ich finde das einfach sau lustig) Und John der Oberguru ist halt einfach legendär, wie er da in seinem Poncho sitzt und seine Lebensweisheiten und spirituellen Gedanken mit uns teilt. Alles ist Quantum, also instant, sagt er immer. Portale, verschiedene Parallelen des Universums, die Chakren reinigen, Soul-Coins minen wir, um externe Algorithmen zu lösen. Hat er gleich mal unser Bitcoin Gespräch ins Spirituelle verwandelt. Grandioser Typ 😀 Aber ich tu mal nicht so. Die Gespräche sind überragend, witzig und geben schöne Denkanstöße auch wenn ich der Welt deutlich logischer entgegentrete wie ich finde. Ich will mich auch echt nicht zu krass über das ganze Spirituelle lustig machen, falls das ein Fanboy liest und sich auf die Füße getreten vorkommt…peeeeeero: Manchmal war schon ein großes WTF über meinen Kopf und spätestens als wir stehend, mit geöffneten Armen, wie in der Szene bei Titanic als Di ´Caprio einen halben Orgasmus bekommt weil er sich für den König der Welt hält als er an der Reling steht, die verschiedensten Götter nach Norden, Süden, Westen und Osten anbeten, war mir klar: Definitiv nicht für mich xD

Und als wäre das nicht genug hat man einfach ständig den Geruch 30 verschiedener Räucherstäbchen in der Fresse. Die gönnen sich dann noch irgendeine “Medizin” und obwohl man sich nicht lange kennt, fangen alle an ihre tiefsten Gefühle zu teilen und die Emotionen die plötzlich präsent sind…holy. Medizin ist hier, so wie ich das sehe, nichts anderes als eine Form des Euphemismus, sprich das Beschönigen verschiedenster halluzinogener Drogen oder anderer sinneserweiternden Substanzen. Aber ich möchte hier (auch wenns nicht so klingt :D) nicht zu stark ins Urteil gehen. Denn ich habe selten ein so herzliches, offenes, ehrlich/authentisches und inspirierendes Umfeld erlebt, das komplett ohne Wertung mit jedem Menschen gleich umgeht. Und somit werde ich auch nicht von ihnen verurteilt, weil ich deren Medizin dankend ablehne und lediglich ein “Witness der Zeremonie” bin, wie sie es so schön ausdrücken 😀

Die ganze Zeremonie hat ca. 3 Stunden gedauert. Dabei wurde über Gott und die Welt geredet, tiefste Gefühle und Erfahrungen aus persönlichen Vergangenheiten preisgegeben. Es wurde gesungen und sogar gerappt 😀 (jeder durfte zu einem Beat philosophisch freestylen) während ich mit der Gitarre für musikalische Untermalung gesorgt habe. Wie bereits erwähnt gab es medizinische Versorgung für alle außer mich, es gab Essen und Tee, es wurde super viel gelacht und auch die ein oder andere Träne vergossen.

Achja und echt 3 Stunden durchgehend freakin Räucherzeug überall. “Räucherstäbchen” ist massiv untertrieben meine Freunde. Die hatten zwei Kelche voll mit so Zeug und die haben sie auch mit einer Zielstrebigkeit eines arktischen Terns aus der Familie der Seeschwalben 3 Stunden lang wie ein kleines Lagerfeuer am Leben erhalten. Zwei mal musste ich aufstehen, meine Arme ausbreiten, wie Jesus am Kreuz, und dann wurde ich von vorn und von hinten mit den Kelchen und dem Rauch mehr oder weniger penetriert. Ok, das klingt jetzt irgendwie falsch xD war ja keine Sexorgie oder sowas…aber die haben mir halt echt den Kelch zwischen die Beine gehalten und mir den Rauch in den Schritt geblasen. Bestimmt um mein Chakra zu säubern oder irgendwie sowas. Schon ein bisschen weird aber hey, wer weiß. Vielleicht laufe ich jetzt mit dem “Divine Madman´s Thunderbolt” zwischen den Beinen durch die Gegend. Dem Magic Stick auf Drukpa Kunley´s Wanderstock, dem man vorausgesagt hat, dass er böse Geister vertreibt wenn man seinem besten Stück Angesicht zu Angesicht gegenübersteht. Jetzt wo ich grad nochmal Research über die bhutanesische Legende betreibe (eigentlich war Drukpa Kunley Tibeter) fällt mir eine interessante Parallele auf: Übergeordnet gilt sein Einfluss als Erinnerung an Bhutanesen ihr Leben zu genießen und Spaß zu haben.

Zusammenfassend muss ich sagen: Die Welt der Spiritualität ist mir doch ein wenig zu abgefahren. Ich bin dennoch absolut happy, dass ich das miterleben durfte. Denn genau das sind die Momente, in denen man richtig tief in Kulturen eintaucht. Und eins kann ich euch fix sagen: Die sind gefühlt alle 1000 Mal positiver gestimmt und besser gelaunt / glücklicher, als ganz München zusammen lol. Ohne teure Autos zu fahren, ohne viel Geld zu haben und ohne dicke Buden oder fette Jobs zu haben. Ganz ohne das ständige Verlangen anderen beweisen zu müssen für wie toll sie sich halten. Oder sich zu viele Gedanken über das Leben anderer zu machen. Leben und leben lassen. Die freuen sich einfach nur am Start zu sein, genießen ihr Leben und ganz wichtig: Sie wissen tatsächlich sehr gut, wie man in der verrückten Welt in der wir leben angemessen navigiert und schaffen es ihren Ego ein wenig unter Kontrolle zu halten. Und sie geben sich auch nicht dem Perfektionismus dieser Welt und dem stetigen Drang nach Selbstoptimierung hin. Die haben halt erkannt, dass man das Leben nicht anständig leben kann, wenn man ständig nach einem besseren Leben trachtet. Und daran können wir uns alle mal ein Vorbild nehmen.

So philosopher Mode off. Für alle die bis hier her gekommen sind: Ein frohes und besinnliches Weihnachtsfest 🙂 Auf das wir zumindest an heilig Abend weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft schwelgen, sondern einfach nur den Moment genießen.

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2 responses to “Colombia – A spiritual Journey”

  1. Anonymous

    Hahaha Rapha du schreibst so unglaublich witzig😂Ich sitz hier vor meinem Handy und lese mal alles durch… also wirklich Respekt für diese geile Schreibweise😂😂😂

    1. Raphael Tausch

      Freut mich wenn’s dir taugt 😀 wer auch immer du bist haha