Peru – Huayhuash Part 2

Nov 22, 2023

Tag 5

Ich überstehe die doch recht kalte Nacht ganz gut und stehe wie gehabt gegen 4:30 Uhr auf. Heute gehts besonders früh los, denn wir nehmen uns nochmal einen Pass auf 5000 Metern vor. Und als ich aus meinem Zelt hervorkrieche, wie Golum, dem sein Schatz abhanden gekommen ist, liegen die Bergketten, die sich gestern noch mit kargen Fels abgezeichnet haben, schneebedeckt vor mir. Ein kurzer Wow-Moment bis mir klar wird: Damn, wir müssen da ja hoch…Also rauf mit dem Rucksack und weiter gehts mit der Wanderei, die sich bald in eine Winterwanderung verwandelt.

Meine Schuhe halten soweit durch, klar die wärmsten Füße hab ich nicht aber wichtig ist, dass die Socken nicht nass werden. Allerdings bahnt sich aus der Entfernung bereits eine Regenfront an, die sich auf unserer Höhe in Schnee verwandelt. Und so kämpfen wir uns hoch auf 5000 Meter, wo es warmen Koka-Tee gibt, bis wir uns auf der anderen Seite an den Abstieg machen. Mal wieder erwartet uns ein wunderschöner Bergsee, der mit seiner knalligen Farbe bereits aus der Entfernung durch das Schneegestöber sichtbar wird.

Und dann geht es Richtung Zivilisation. Das Ziel ist ein kleines Bergdorf namens „Huayllapa“, in dem wir Vorräte aufstocken, sowie Wifi und eine Dusche nutzen können. Ich gönn mir nur eine kleine Flasche Coca-Cola. Keine Dusche, kein Wifi. Stay in the mode. Untergebracht sind wir auf dem Fußballplatz, der mit hohen Mauern vom Rest des Dorfes abgekapselt ist und so ein schönes, ruhiges Ambiente mit sich bringt. Vor allem am Abend, als sich das Abendlicht des Sonnenuntergangs seinen Weg durch den Canyon bahnt und das Dorf in ein schönes orange-rotes Licht taucht.

Tag 6

Am nächsten Tag gehts dann mit vollgetankter Energie direkt an den nächsten Bergpass. Und der Aufstieg wird ein langer. Mit ingesamt 6-8 Stunden zurück auf 4800 Meter. Denn alles was wir am Vortag runter sind, müssen wir jetzt logischerweise wieder hoch. Seufz. Wir sind gerade losmarschiert und haben das Dorf hinter uns gelassen, als mir auffällt, dass ich vergessen habe meine Zeltplane, die ich als Unterlage nutze, den Esel-Bro´s zu übergeben. Fuck! Also lass ich die Gruppe weiterlaufen und renne zurück zum Zeltplatz. Und dann gilt es die anderen wieder einzuholen. Kickt ordentlich und ich bin bereits 20 Minuten nach Start erstmal restlos am Ende.

Allerdings kommt da meine Ausdauer durch und ich merke dass der Aufstieg die ersten 5 Stunden kaum Kraft kostet, aber danach wird’s dann irgendwann doch anstrengend. Denn der Pass zieht und zieht sich ordentlich. Erst gegen frühen Nachmittag erreichen wir die „Spitze“.

An der Stelle möchte ich mal ein paar Worte über unsere Organisatoren, Roland und Jésus verlieren. Einer aus unserer Gruppe hat seine Brille beim Pause machen leider irgendwo auf dem Trail liegen lassen, woraufhin Roland mir seinen Rucksack in die Hand gedrückt hat und meinte „er läuft kurz zurück“ um sie zu holen. Trololol. Ja mal schnell den Wandertag um 3 Stunden verlängern. Als wir ausgepowert auf dem Pass stehen, sehen wir schon wie Roland zu uns aufschließt und die Brille tatsächlich in seinen Händen hält.

Ja und Jésus….ganz krasse Hausnummer. 57 Jahre alt der Gute. Und ballert den Berg hoch wie der Tasmanian Devil aus Looney Tunes ohne dabei auch nur ansatzweise mit der Wimper zu zucken. Immer ein Lächeln auf dem Gesicht und nach den langen und (jedenfalls für uns) anstrengenden Tagen, schwingt er das Tanzbein im Kochzelt und zaubert uns ein Deluxe-Gericht nach dem anderen. Und das 8 Tage am Stück. Die pennen halt ganz simpel in den großen Zelten, die nicht dafür ausgelegt sind und scheren sich nicht weiter drum.

Gute Gesellschaft die Zwei und auch die Gruppe, mit der ich unterwegs bin ist nach 4 Tagen gefühlt schon Ewigkeiten zusammen. Ich mag jeden einzelnen/einzelne super gern und das ist bei einer 9-köpfigen Gruppe für mich eher wie ein 6er im Lotto.

Der Abstieg von 4800 Meter runter auf 4400 Meter geht recht zügig und wir finden uns in unserem neuen Camp ein. Der Nachmittag endet mal wieder im Regen mit Gewitter welcher gegen 18 Uhr in Schnee übergeht und wir werden am nächsten Morgen erneut mit einem wunderschönen Panorama geweckt.

Tag 7

Der vorletzte Tag ist angebrochen. Kraftreserven sind nach wie vor unerschöpft. Der geistige Kampf bleibt aus. Die Motivation verbindet sich mit den bereits vorhandenen, sentimentalen Gefühlen des baldigen Abschieds vom Huayhuash. Und so werfe ich mir erneut den Rucksack über und stapfe mit der Gruppe los. Gespannt was uns heute erwartet. Und Oh Boy, wie doch alles nochmal übertroffen wird…

Natürlich gehts bergauf. Ein letztes Mal. Und die Aussicht, die uns auf dem Berggrad erwartet, auf dem wir ein gutes Stück entlang wandern, ist bombastisch. Vorher müssen aber unsere „Sherpa“ Bro´s erstmal die Esel und Maultiere in den Griff kriegen. Vielleicht haben die nach 7 Tagen Wetterextremen und stundenlanger Wanderei auch einfach keinen Bock mehr…

Als wir dann den Bergrücken erklimmen, dürfen wir uns, trotz Wolken (oder gerade deswegen), an einer der heftigsten Aussicht des gesamten Treks ergötzen.

Bereits vom Bergrücken aus, sehen wir aus weiter Entfernung unseren Camping-Spot. Der es wieder mal in sich hat! Natürlich in Bezug auf das epische Ausmaß 😉 Genauso wie uns bisher das Wetter hold gesonnen war und erst in Regen umschlägt, als wir am Campingplatz kurz ins Wasser gesprungen sind, um uns abzukühlen…lol….neee nicht notwendig. Um uns ein wenig zu „säubern“ triffts wohl eher. Und dann wird mein Zelt ein letztes Mal nochmal so richtig auf die Probe gestellt. Der Regen geht richtig steil und penetriert mein Zelt über Stunden, ununterbrochen. Sodass natürlich irgendwann das Außenzelt seine Feuchtigkeit ans Innenzelt weitergibt und das Ergebnis ein leichtes Tröpfeln ist, dass innerhalb meines Zeltes niedergeht und bald gewisse Umbau-Maßnahmen erfordert. Aber am Ende übersteht mein Zelt aber auch die letzte Herausforderung mit Bravour und so schlafe ich gediegen ein, froh die Entscheidung getroffen zu haben, mir dieses Abenteuer zu geben.

Tag 8

Der letzte Tag. Wir gönnen uns unser letztes Frühstück und machen uns an den finalen Abstieg ins Dorf Llamac, was nochmal gute 5-6 Stunden dauert. Wir lassen die verschneiten Bergspitzen der Huayhuash-Cordillera hinter uns und näheren uns Stück für Stück der Ziellinie. Und ehe wir uns versehen, sitzen wir schon wieder im Bus nach Huaraz, wo wir unsere Awesomness bei einem würdigen Dinner zelebrieren. Mit leckeren Burgern, vielen Bieren und einer doppelten Nachspeise. (Weil der Apple-Pie so verdammt lecker war!)

Fazit: Nothing more to say. Was ein Trip. Genau wegen sowas mach ich die Reise! Eine dermaßen intensive und abenteuerliche Erfahrung hab ich selten gemacht. Und 400 Euro für 8 Tage bei dem Service etc. ist meiner Meinung nach ein absolut grandioser Deal! 🙂 Wer also nach Peru kommt und Begeisterung fürs Trekking mitbringt, sollte sich das dringend auf die Bucket-List schreiben!

Wir sehen uns in Lima! Cheers