Ecuador Amazonas – Part 1

Sep 8, 2023

Wieder zurück in Quito. Auf mich alleine gestellt. Von Erin und Markus habe ich mich verabschiedet. Die Wege haben sich getrennt. Zurück von meiner Expedition ins Cuyabeno Wildlife Reserve. Ein nicht abreißender Strom an epischen Events, die mich hier in Ecuador verfolgen. Oder vielleicht sollte ich eher sagen: Epische Quests, die mich hier erwarten. Mein Spanisch wird immer besser und Stück für Stück kenne ich mich in Ecuador besser aus. Weiß über die lokalen Begebenheiten Bescheid.

Cuyabeno ist das zweitgrößte Naturschutzgebiet in Ecuador, von ingesamt 56 Stück und existiert seit 1979. Im Norden von Ecuador, kurz vor der Grenze zu Kolumbien und Peru. Die Locals nennen das Gebiet, so wie ich das verstanden habe, auch den „lebenden Wald“. Im Allgemeinen gibts hier ne Menge an Wildlife zu sehen und nach den ganzen Bergen usw. hab ich natürlich eine ordentlich gebackene Portion Bock im Gepäck. 10 verschiedene Affenarten, Jaguar, Pumas, Banana-Spiders, Anacondas, Piranhas, Zitteraale und was weiß ich was es noch alles an abgefucktem Zeug gibt.

Der Plan: Eine Nacht im Hotel „D´Mario“ verbringen und uns von dort am nächsten morgen um 7.15 Uhr von einem Bus abholen lassen, der uns zum Wildlife Reserve chauffiert. Von dort gehts 2 Stunden mit dem Boot zur Lodge mitten im Amazonas. Kein Internet, nur bedingt Strom. Adventure!

Nach einer 7 bis 8 stündigen Busfahrt durch die Nacht von Baños aus erreichen wir die…nennen wir es mal „interessante“ Kleinstadt und unser Hotel „D´Mario“. The real deal. Von Touristen oder Backpackern ist hier weit und breit nichts zu sehen. Das Hotel erscheint fast komplett leer und erinnert uns an ein klassisches Highway-Motel aus den USA. Jack Reacher lässt grüßen. Wir checken ein und beziehen unser Zimmer. Wir befinden uns wieder auf knapp 300 Metern und sind bereits im Tropenklima. Sprich hohe Luftfeuchtigkeit und hohe Temperaturen. Es ist ca. 10 Uhr. Zum Glück gibts hier eine Klimaanlage. Das Hotel hat eine Sauna, fett. Nach der beschwerlichen Reise im Nachtbus genau das Richtige, um zu entspannen. Als ich mir die lokalen Einrichtungen Sauna, Fitnessraum und Swimmingpool inklusive Jacuzzi anschaue wird jedoch schnell klar: Das ist mehr ein Marketing Gag als wirklich Vergnügen. Die Sauna ist ziemlich heruntergekommen und der Fitnessraum komplett versifft. Die Sauna will ich trotzdem probieren. Dampfsauna mit irgendwelchen Pflanzen, die lieblos in den „Verdampfer“ geschmissen worden sind. Der Bro vom Hotel stellt mir die Sauna auf 70 Grad und meint nach 10 Minuten kann’s losgehen. Als ich mich nach 10 Minuten nach drinnen begebe und mich auf den kalten Steinplatten niederlasse, ist die Temperatur allerdings eher mit ner Bergwanderung auf 4000 Metern zu vergleichen, da die Steinplatten ein hervorragenden Kühleffekt hervorzaubern. Meine Arschbacken unter meiner Badehose fangen vor Kälte schon nach Minuten an, wie eine Zikade zu vibrieren, als ich da so sitze und darauf hoffe, dass doch noch irgendwas passiert. Also drehe ich das Ding komplett auf und nach 1 Stunde ist es dann soweit. Die Sauna fühlt sich wie eine Sauna an. Achja das hätte ich ja fast vergessen!! Markus hat sich ein „Continental“ Breakfast rausgelassen, als wir ankamen. Klingt erstmal krass. Zusammenfassend: Das mit Abstand madigste Frühstück, das jeder von uns jemals erleben durfte. Ein Fetzen Brot. Und eine mini Tasse Kaffee. Schwamm drüber. Uns erwarten 3 Tage Verwöhnung im Amazonas. Wir gehen früh ins Bett, weil wir alle nach wie vor total erledigt sind von der Reise und ich erwarte sehnlich den Tag, an dem wir uns auf die Reise in den Amazonas begeben.

Und dann ist es soweit. 6 Uhr morgens. 5. September. Ich wache auf, weil ich Geräusche neben mir höre. Als ich blinzelnd die Augen öffne, grinsen mich Markus und Erin fröhlich an und die Morgenruhe wird durch ein Ständchen durchbrochen, das die beiden für mich anstimmen. Denn: Ich habe GEBURTSTAG! Damit hab ich wirklich nicht gerechnet. Um ehrlich zu sein dachte ich mein Geburtstag wird eher unspektakulär und wird ich skippe das Ganze mehr oder weniger. Pustekuchen. Die beiden haben mir sogar Geschenke gekauft. OMG. Das most random Geschenk aller Zeiten. Eine gemischte Tüte an Süßigkeiten mit einer pinken Tüte auf der „its a Girl“ steht. Überragend. Und das beste: Meine persönliche kleine Ration Instant Kaffee, wenn ich mal wieder mit räudigen Begebenheiten konfrontiert werde. Danke ihr zwei! Aber das war nicht alles. Ich finde in meinem Rucksack weitere Süßigkeiten, die Markus heimlich versteckt hat.

Wir packen unser Zeug, und gegeben uns zum „Frühstück“. Dieses mal stellen wir sicher, dass wir wenigstens Scrambled Eggs dazu bestellen. Und dann geht die Warterei auf den Bus los. Der uns eigentlich um 7.15 Uhr abholen soll. Da ist er dann um ca. 9.15 Uhr. Nach zwei Stunden kommen wir dann am Cuyabeno Reserve an und dürfen die Boote beziehen. Die Hitze und Luftfeuchtigkeit kickt bereits ordentlich aber das ist uns egal. Wir haben einfach nur Bock, dieses mal kollektiver Bock! Und der ist wie immer noch 100 Mal mächtiger. Das kriegt auch jeder mit und Erin als auch Markus halten leider auch nicht damit hinterm Berg dass ich Geburtstag habe. Somit stehe ich ungewollt im Fokus der Guides, die während der Bootsfahrt immer wieder Bemerkungen raushauen wie z.B. „Oh look at that, for the birthday boy”. Und das zurecht! Wir werden mit Glück regelrecht übersäht aber dazu gleich noch mehr!

Ich hab absolut kein Plan von gar nichts hier im Regenwald. Zugegeben. Alles was ich weiß: Hier gibts fuckin Mücken, die Dengue und Malaria übertragen (auch wenn Malaria Mücken nur nachts bzw. ab der Abenddämmerung aktiv sind) und 1000 andere Sachen, die Bock haben mich umzulegen! Also setze ich ganz stolz erstmal mein Headnet auf lol. Allerdings stelle ich während der Bootstour fest, dass hier von Mücken keine Spur zu sehen ist. Also nehme ich das Ding erstmal wieder ab und genieße die Fahrt durch den Dichten Regenwald und konzentriere mich auf die 5 Trillionen Geräusche, die überall von links und rechts aus dem Wald an meine Ohren heran ballern und versuche in den Bäumen und am Flussufer Tiere auszumachen.

Jessica unser Guide kann das deutlich besser wie ich. Die erste Stunde vergeht und es passiert erstmal nicht viel. Außer ein paar exotischen Vögeln, die über unsere Köpfe hinweg fliegen und einer Eule, die gut getarnt auf einem Baum sitz und ohnehin kaum zu erkennen ist, schauen wir in die Röhre. Aber dann kommt Bewegung in die Sache. Wortwörtlich. Wir biegen mit dem Boot um die Ecke und Jessica signalisiert dem Bootsführer-Bro anzuhalten. Movement – in den Baumkronen links von uns! Ich freu mich wie ein kleines Kind an Weihnachten, als ich an die 5 bis 6 kleinen Äffchen entdecke, die zwischen den Bäumen herumspringen. Kapuzineraffen, die sich zur Flussüberquerung bereit machen. Fuck yeah! Ein Guide namens Rom, der sichtlich für den Scheiß lebt, erklärt begeistert, dass durch den Fluss schwimmen ausgeschlossen ist. Zuviele Gefahren für die kleinen Äffchen. Also werden sie vermutlich über den Fluss springen.

Und dann startet die Show. Mittlerweile sind deutlich mehr als 6 Affen in der Nähe. Überall sieht man es rascheln und schreien. Kapuzineraffen sind Rudeltiere mit einem sehr ausgeprägten Sozialverhalten. Also wird der Fluss gemeinsam überquert. Oder zumindest zum Teil. Und dann springen sie. Gigantisch. Mehrere Meter quer / abwärts in die Bäume, die auf der anderen Uferseite ein Stück weit in den Fluss hineinragen. Und krass wie sie´s alle schaffen he. Bis auf einer. Der vercheckt den Ast sauber und landet platschend im Wasser. BAM. Er erreicht das Ufer zum Glück aber trotzdem unversehrt, weil er/sie/es wild paddelnd versucht so schnell wie möglich aus der Todeszone zu entkommen. Dusel gehabt!

Nachdem bestimmt an die 10 Affen erfolgreich den Fluss überquert haben und der Rest der Gruppe nach der Platscheraktion wohl beschlossen hat sich den Sprung nicht zu geben, machen wir uns langsam wieder auf den Weg flussabwärts Richtung Lodge. Auf dem Weg halten wir noch einige Male mehr an, meistens leider keine Chance ohne Teleobjektiv die Tiere auf die Linse zu kriegen. Aber wir werden mit weiteren Affenarten belohnt, darunter der „Gelbhändige Titi-Affe“, Pocketmonkeys, haufenweise interessante Vögel, der berüchtigte „Stinky Turkey“, Baby Carmines (Mini Alligatoren), ein Faultier und das absolute Highlight: Pink Dolphins, die sich in einer 3er Formationen neben unseren Booten flussabwärts bewegen. Wer sich jetzt frägt, was zum Geier „Pink Dolphins“ sind: Das sind Amazon River Dolphins. Die können ihre Farbe von Grau zu Pink wechseln, schauen nicht gerade super schön aus und zählen zu den Gymnastik-Königen unter den Delphinen.

Und dann nach 3 Stunden erreichen wir unsere Lodge. Rom, Evi und Jessica, unsere Guides für die 3 Tage, erklären uns, dass die Nicky Lodge besonders großen Wert auf Nachhaltigkeit legt. Alles was dort gebaut wurde, ist unter strenger Regulatorik errichtet worden und wenn wir was kaputt machen, müssen wir leider dafür aufkommen. Fair Enough. Das Klientel der Lodge ist ein wenig älter und macht einen eher bewussten und anständigen Eindruck. Nicht das klassische 0-8-15 Backpacker Pack, das auf Saufen und Feierei aus ist. Und das ist ihnen auch wichtig. Evi ist eigentlich aus Bangladesh und im Jungle groß geworden. Erinnert mich tatsächlich an Mogli, der Gute. Und genauso wie Rom lebt er für den Regenwald, kennt sich extrem gut aus und teilt sein Wissen gern mit uns. Nachdem es leckeres Lunch gibt und uns die Zimmer gezeigt werden, haben wir kurz Zeit uns fertig zu machen, bevor es weiter zur nächsten Aktion geht. Wir fahren zur Grand Laguna, einem See, der dem Fluss im Amazonas entspringt, und werden uns dort den Sonnenuntergang anschauen. Und für wer möchte, gibts eine kleine Badesession. Inmitten von Anacondas, Piranhas, Carmines, Zitteraalen und allen möglichen anderen Zeugs.

Also gehts am späten Nachmittag wieder zurück ins Boot und während wir, dieses mal flussaufwärts, wieder haufenweise Tiere spotten und beobachten näheren wir uns Stück für Stück der Lagune. Evi steht voll auf Vögel, daher halten wir relativ oft echt lange an und gönnen uns die ausgiebigen Erklärungen. Allerdings ist es bereits 17:45 Uhr und von der Lagune keine Spur. Um 18:00 Uhr geht die Sonne unter und ich und meine Kamera sind vorbereitet! Mein Geburtstag ist soweit eh schon überragend, da wäre ein schöner Sonnenuntergang eine tolle Möglichkeit, das Ganze abzurunden. Aber langsam kommen ernsthafte Zweifel hoch, ob wir es überhaupt rechtzeitig schaffen. Ich hab keine Ahnung, wie weit die Lagune noch entfernt ist aber uns rennt die Zeit davon. Ich freue mich also jedes Mal tierischen, wenn unser Bootsführer den Motor unter tobenden Lärm aufheulen lässt und wir uns wieder in Bewegung setzen. Um dann keine Minute später wieder anzuhalten, weil Evi abermals einen Vogel entdeckt hat. God damn it. Am Ende erreichen wir aber fast punktgenau die Lagune und die Wetterbedingungen sind perfekt.

Der Sonnenuntergang ist einfach nur…richtig gedacht: EPISCH! Und dann springen wir in die Laguna. Scheiß auf das Viehzeug. Das Wasser ist eine willkommene Abkühlung und hey: Jetzt kann ich wenigstens behaupten, dass ich im Amazonas schwimmen gegangen bin 🙂 Als wir uns dann nach der Abkühlung irgendwann im Dunklen auf den Rückweg machen, werden wir von, wirklich, massenhaft Fledermäusen begleitet, die Jagd auf die nicht nur Trilliarden aber kp Trilliarden Hoch 1000 Insekten machen, die auf und rund um den Fluss unterwegs sind. Höchste Zeit für mein Headnet! Dieses mal mit absolut berechtigtem Grund, denn es ist wirklich gestört, wieviele Insekten ich ins Gesicht geschleudert bekomme. Und als dann Evi seine Taschenlampe neben dem Rastplatz eines ausgewachsenen Carmines am Ufer anschaltet, denke ich mir: No fucking way. Soviel Kleinzeug auf einem Haufen habe ich wirklich noch nie gesehen in meinem Leben…

Wir kommen gegen 19 Uhr zurück. Und dann gibts besten Schmaus zum Abendessen. Und plötzlich geht das Licht aus. Rom klirrt mit einem Löffel gegen sein Glas und irgendwie ahne ich böses. Er bittet um Aufmerksamkeit und schaut dabei mich an. Ohje. Die gesamte Belegschaft + Besucher der Lodge haben ihren Blick ebenfalls auf mich gerichtet. Ich laufe rot an, als Rom verkündet dass mein Geburtstag zelebriert werden muss und ein Geburtstagslied anstimmt. Mit 99% Fremden, die mich nicht mal kennen. Aber ich weiß die Geste sehr zu schätzen. Aber das war noch nicht alles. Die bringen mir doch echt einen scheiß Geburtstagskuchen ums Eck. Ich weiß gar nicht was ich sagen soll. Bester. Geburtstag. Ever. Vollkommen unerwartet haha aber das sind ja für gewöhnlich die besten Tage / Aktionen. Ich teile den Kuchen für alle auf und der Abend geht noch ein wenig ausgelassen weiter, bis wir irgendwann alle erschöpft ins Bett fallen.

Ein geiler erster Tag im Amazonas. Und der nächste Tag soll mindestens genauso geil werden. Aber dazu dann mehr in einem weiteren Blogpost 🙂 Heute checke ich erstmal in ein neues Hostel in Quito ein. Ein Tapetenwechsel. Von dem für mich etwas zu belebten Party Hostel „The Secret Garden“. Und dann gehts ans Salsa tanzen lernen, weitere Orte in und rund um Quito auskundschaften und weiter Spanisch lernen mit Gabriela, die ich in Quito kennen gelernt habe. Bis zur Hochzeit am 23. September.